Unterschiedliche Entscheidungen zur Haftung eines Arztes nach Behandlungsfehler für die Folgen eines Zweiteingriffs


Ein Arzt haftet auch für die Folgen eines Zweiteingriffs durch einen nachbehandelnden Arzt, der erforderlich wird, weil ihm beim Ersteingriff ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Dies entschieden die Richter des Bundesgerichtshofs mit ihrem Urteil vom 22.5.2012.

Im entschiedenen Fall war bei einem Patienten ein Tumor diagnostiziert und eine Probe des Tumors entnommen worden. Die Entfernung des Tumors erfolgte jedoch nicht. Bei einer Kontrolluntersuchung 7 Monate später fiel auf, dass der Tumor nicht entfernt worden war. Das wurde in einem anderen Krankenhaus nachgeholt. Nach dieser Operation kam es zu Komplikationen. Der für den Ersteingriff verantwortliche Arzt wurde von dem Patienten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil fest, dass sich die Haftung des Arztes nicht nur auf die unmittelbar mit der zweiten Operation in Zusammenhang stehenden gesundheitlichen Belastungen erstreckt, sondern auch auf die in dem Zusammenhang auftretenden Komplikationen.

Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) entschied in einem weiteren Fall jedoch, dass trotz einer fehlerhaften medizinischen Behandlung die Haftung des Arztes ausgeschlossen sein kann, wenn der Patient im Anschluss die dringend empfohlene fachgerechte Behandlung durch einen anderen Arzt verweigert. Wäre der gesundheitliche Schaden durch die richtige Zweitbehandlung verhindert worden, kann dies dazu führen, dass der erste Arzt auch bei grobem Behandlungsfehler keinen Schadensersatz leisten muss.

In dem entschiedenen Fall erlitt ein Berufsfußballer in einem Spiel eine Bissverletzung, die im weiteren Verlauf zu einer Kniegelenksinfektion führte. Bei einem heftigen Zweikampf hatten die Schneidezähne seines Gegenspielers eine Rissverletzung am rechten Knie verursacht. Der Arzt nähte die Verletzung und überwies den Fußballspieler zur weiteren Untersuchung ins Krankenhaus. Der dort behandelnde Arzt empfahl ihm dringend die Öffnung der Naht und die Durchführung einer antibiotischen Therapie.

Das lehnte der Spieler ab. In der Folge wurde diese (richtige) Empfehlung nicht umgesetzt. Letztlich stellte sich ein irreparabler Knieschaden ein, er kann seinen Beruf als Fußballspieler nicht mehr ausüben. Daraufhin warf er dem erstbehandelnden Arzt u. a. vor, ihn nicht fachgerecht behandelt zu haben. Die Erstversorgung der Wunde durch Vernähen sei grob fehlerhaft gewesen. Wegen des bleibenden Schadens verlangte er Schmerzensgeld in Höhe von 75.000 €, eine monatliche Rente von 200 € und Verdienstausfall in Höhe von ca. 1,33 Mill. €.

Die Richter des OLG sahen in der medizinischen Erstbehandlung einen groben Behandlungsfehler des ersten Arztes. Eine menschliche Bissverletzung könne eine Wundinfizierung durch Bakterien auslösen, was ein Vernähen der Wunde verbiete. Allerdings scheitere die Haftung des erstbehandelnden Arztes daran, dass der Fußballspieler die dringende Empfehlung des zweitbehandelnden Arztes nicht befolgt habe, die Wunde zu öffnen und antibiotisch zu therapieren.

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